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In der Technologiebranche ist Thomas Dierl zuhause, in Datenbanken kennt er sich hervorragend aus.
Covid-19 und die damit verbundenen Umwälzungen hat viele Unternehmen getroffen. Zahlreiche Herausforderungen haben sich speziell in der Logistik aufgetan. Dafür verantwortlich waren plötzlich gestörte Lieferketten. Wie hat die Krise das Lagerbestandsmanagement verändert? Welche Kennzahlen sind essentiell, wie lassen sie sich kategorisieren? Und wie managen Sie in Zukunft Ihren Warenbestand vorausschauend? Antworten liefert dieser Blogbeitrag.
Durch die großen Veränderungen in den Lieferketten ist bei vielen Unternehmen das Lagermanagement deutlich wichtiger geworden. Das belegt eine aktuelle Studie des Herchenbach Supply Chain Institut. Sie hat sich damit beschäftigt, wie sich wesentliche Kennzahlen verändert haben. Dafür wurden 355 Entscheider aus Schlüsselbranchen, vor allem aus dem Bereich Transport und Logistik aus Deutschland, Großbritanien und Frankreich befragt. 83 % der Teilnehmenden kamen aus klein- und mittelständischen Unternehmen.
Mehr Sicherheit im Lagerbestand
Die Studie kam zum Ergebnis, dass ein Drittel der befragten Unternehmen die Sicherheitsbestände im Lager erhöht haben. Rund 37 % der befragten Unternehmen setzten ihre Lagerreichweite hoch: Im Schnitt haben sie ihre Lagerreichweite mehr als verdoppelt.
Höhere Raumkosten
Bei fast der Hälfte der Studienteilnehmenden haben sich die Kosten pro m³ Lagerraum erhöht. Daher haben 40 % der befragten Unternehmen die Lagerumschlagshäufigkeit gesteigert. Die durchschnittliche Lagerdauer ist dabei um 37 % höher geworden. Zudem sind die Logistikkosten im Verhältnis zum Umsatz bei mehr als der Hälfte der Probanden gestiegen.
Es gibt verschiedene Arten, um Lagerkennzahlen zu kategorisieren. Welche Sie davon wählen, ist abhängig von den Erkenntnissen, die Sie in Ihren Lagerbestand gewinnen möchten.
Kategorisierung nach Kennzahlen
Kategorisierung nach Prozessschritten & Unterstützungsfunktionen
Prozessschritte: z.B. nach Wareneingang, Einlagerung, Lagerung, Vorbereitung (Kommissionieren & Packen) und Versand
Unterstützungsfunktionen: Qualität, Lagersicherheit und Compliance
Kategorisierung nach Messpunkten
Finanzielle Kennzahlen, Effektivitäts-/(Produktivität)-Kennzahlen, Nutzungskennzahlen für Ausrüstung und Lagerung, Qualitätskennzahlen und Zykluszeitkennzahlen.
Kategorisierung nach absoluten Kennzahlen oder Verhältniszahlen
In diesem Abschnitt gehen wir auf die wichtigsten Kennzahlen im Lagerbestandsmanagement ein. Erfahren Sie, wie sie sich definieren, in welche Kategorien sie sich einteilen lassen und wie Sie die jeweiligen KPIs erfolgreich berechnen und anwenden.
Der durchschnittliche Lagerbestand (Ø Lagerbestand) gibt Auskunft darüber, wie groß die Vorräte in Stück im Durchschnitt über einen gewissen Zeitraum sind.
Auswirkung auf andere KPIs
Von einer Veränderung der Stückzahlen im Lager sind naturgemäß viele weitere Kennzahlen betroffen. So zum Beispiel die Kapitalbindungskosten oder die Lagerfläche. Der durchschnittliche Lagerbestand bildet also eine wesentliche Grundlage für viele weitere Kennzahlen.
Berechnung des durchschnittlichen Lagerbestands
Die Berechnung des durchschnittlichen Lagerbestandes hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
a. Zugänge und Abgänge: Sind sie eher konstant oder sprunghaft?
b. Zeitraum: Über welchen Zeitraum betrachtet man den Lagerbestand?
Haben Sie es mit einem sehr konstanten Zu- und Abgang zu tun, können Sie unabhängig von der Betrachtungsdauer einfach mit Anfangs- und Endbestand rechnen.
∅ Lagerbestand = (Anfangsbestand + Endbestand) / 2
Sind die Zu- und Abgänge sprunghaft, sollten Sie auch die Zwischenperioden berücksichten. Die entsprechende Formel schaut dann so aus:
∅ Lagerbestand = (Anfangsbestand + n Monatsendbestände) / (n+1)
Die Lagerkosten bestehen aus den Kosten, die im Bereich Lager anfallen. Dazu gehören z.B.
Personalkosten
Abschreibungen und Zinsen
Instandhaltungskosten
Versicherungskosten
Energiekosten (Strom, Heizung usw.)
Kosten für Schwund, Bruch, Verderb oder Diebstahl
Der Lagerhaltungskostensatz beschreibt das Verhältnis der Lagerkosten und der gelagerten Ware.
Berechnung des Lagerhaltungskostensatz
Ein hoher Lagerhaltungskostensatz kann entweder auf eine sehr geringe Lagerkapazitätsauslastung hindeuten oder auf eine unwirtschaftliche Lagervewaltung. Er berechnet sich wie folgt:
Laegerhaltungskostensatz = (Lagerhaltungskosten / Wert der gelagerten Ware) * 100 + kalkulatorischer Zinssatz
Der in der Formel angeführte „kalkulatorische Zinssatz (p. a.)“ entspricht dem markt- bzw. banküblichen Zinssatz für das in den Lagerbeständen gebundene Kapital.
Tipp: Den Lagerkostenhaltungssatz sollten Sie berücksichtigten, wenn Sie Ihre Losgrößen dimensionieren. Das, was Sie eventuell durch Erhöhung von Fertigungsmengen einsparen, geben Sie oftmals an Lagerkosten für Eigenfertigungsteile mehr aus.
Der Lagernutzungsgrad gibt an, wie viel Prozent der Fläche/Höhe bzw. des Raumes tatsächlich für die Lagerung genutzt wird.
Günstige & ungünstige Lagernutzung
Die größte Lagernutzung ermöglicht die Blocklagerung. Bei dieser werden die Güter auf Paletten gestapelt und ohne große Zwischenräume in Gängen gelagert. Die Lagerraumnutzung liegt hier im Normalfall bei ca. 80 %.
Die ungünstigste Lagernutzung ist anzutreffen, wenn kleine und große, flache und sperrige Materialien in denselben Regalen gelagert werden, weil sie etwa nach Zeichnungsnummern zusammengehören.
Berechnungen rund um den Lagernutzungsgrad
Flächennutzungsgrad = (belegt Lagerfläche) / (insgesamt vorhandene Lagerfläche) * 100 [%]
Raumnutzungsgrad = (belegtes Lagervolumen) / (insgesamt vorhandenes Lagervolumen) * 100 [%]
Höhennutzungsgrad = (tatsächliche Nutzhöhe) / (maximal mögliche Nutzhöhe) * 100 [%]
Die Lagerreichweite gibt Auskunft über die interne Versorgungssicherheit durch eigene Bestände innerhalb einer Periode (meist Tage, Wochen oder Monate). Sie zeigt damit die Zeit an, für die der Lagerbestand bei einem (durchschnittlichen bzw. geplanten) Materialverbrauch ausreicht.
Auswirkungen auf die Lieferbereitschaft
Verändert sich die Lagerreichweite, kann das die eigene Lieferbereitschaft beeinflussen. Zwei Szenarien sind möglich:
Niedrige Lagerreichweite: kann zu Fehlmengenkosten führen
Hohe Lagerreichweite: führt mitunter zu (unnötigen) Kapitalbindungs- bzw. Lagerhaltungskosten
Die Gründe für eine negative Entwicklung der Lagerreichweite können beispielsweise in Lieferengpässen oder einer unzureichenden Disposition liegen.
Berechnung der Lagerreichweite
Lagerreichweite = (∅ Lagerbestand [der Periode]) / (Verbrauch [pro Periode])
Lagerreichweite = (∅ Lagerbestand [der Periode] + offene Bestellungen) / (geplanter Verbrauch [pro Periode])
Die Lagerreichweite wird in Lean-Projekten oftmals auch in Durchlaufzeit umgerechnet. So ist die Reichweite gleichzusetzen mit den Tagen, die das Produkt im Durchschnitt liegen bleibt.
Die Lagerumschlagshäufigkeit (LU) gibt an, wie oft sich das im Lager befindliche Material innerhalb einer Periode (meist ein Jahr) umschlägt. Diese KPI gibt also an, wie oft sich das Material im Lager verbraucht oder verkauft und durch Neueinlagerung ersetzt wurde. Dazu wird der Materialverbrauch mit dem Lagerbestand in Beziehung gesetzt.
Ziel bei der Lagerumschlagshäufigkeit
Eine Reduzierung der Lagerumschlagshäufigkeit würde anzeigen, dass die Lagerhaltung und damit die Kapitalbindung zugenommen haben – dies ist negativ zu bewerten. Ziel ist demnach eine möglichst hohe Umschlagshäufigkeit. Eine Erhöhung der Umschlagshäufigkeit bewirkt eine Verkürzung der Lagerdauer. Das wiederum führt zu einer Senkung der Lagerkosten sowie des Kapitaleinsatzes durch Kapitalbindung.
Maßnahmen für eine höhere Lagerumschlagshäufigkeit
Wollen Sie Ihre Umschlagshäufigkeit erhöhen, empfiehlt sich z.B. eine Reduzierung des Sicherheitsbestands oder eine Verkürzung der Beschaffungszeiten.
Berechnung der Lagerumschlagshäufigkeit
LU = (Lagerabgänge bzw. Verbrauch [pro Periode]) / ∅ Lagerbestand
Betrachtet man die Periode für ein Jahr, gilt folgende Formel:
LU = (360 Tage) / ∅ Lagerdauer
Tipp: Die Betrachtung der Lagerumschlagshäufigkeit sollten Sie nicht nur pauschal für das gesamte Lager durchführen, sondern auch pro Materialgruppe oder Materialposition. Dabei wären insbesondere die A-Güter näher zu betrachten.
Die durchschnittliche Wiederbeschaffungszeit gibt an, wie lange Ihr Lager für die Warenbereitstellung braucht. Beachten Sie, dass Veränderungen im Bestand sich direkt und proportional auf die beanspruchte Zeit auswirken.
Berechnung der durchschnittlichen Wiederbeschaffungszeit
∅ Widerbeschaffungszeit = durchschn. Auftrags-Vorbereitungszeit + durchschn. Lieferzeit + durchschn. Prüf-, Einlagerungs- und Bereitstellungszeit
Der Sicherheitskoeffizient gibt das Verhältnis des Sicherheitsbestands zum durchschnittlichen Lagerbestand wieder. Daraus können Sie ablesen, um wie viel die Kapazitätsauslastung Ihres Lagers sinken darf, bevor eine kritische Grenze erreicht wird - und Sie gegebenenfalls aufstocken sollten.
Berechnung des Sicherheitskoeffizients
Sicherheitskoeffizient = Sicherheitsbestand * 100 / durchschn. Lagerbestand
Nachstehend einige weitere Kennzahlen, die für die Betrachtung von bestimmten Prozessen im Lagermanagement relevant sein könnten.
Wareneingangskosten (Gesamtkosten des Wareneingangs / Summe der Einzelposten)
Wareneingangsproduktivität (Wareneingangsvolumen pro Lagerarbeiter pro Stunde)
Wareneingangseffizienz (Inventar pro Stunde erhalten)
Laderampen-Auslastung
Wareneingangsgenauigkeit
Wareneingangszykluszeit (Zeit pro Lieferung / Gesamtzahl der Lieferungen)
Einlagerungskosten pro Position (Gesamtkosten der Einlagerung / Summe der Einzelposten)
Einlagerungsproduktivität (Bestand pro Lagerarbeiter pro Stunde)
Einlagerungsflächennutzung (Ausrüstung und Flächennutzung)
Einlagerungsgenauigkeit (Korrekt eingelagerter Bestand / Gesamtbestand)
Einlagerungs-Zykluszeit
Lagerkosten (als Index der Servicekosten, Schadenskosten, Überalterungskosten)
Inventarkosten
Lagerhaltungskosten (Cents pro Dollar, die für Lagergemeinkosten ausgegeben werden)
Lagerproduktivität
Lagerbestand pro m²
Raumauslastung (Belegter Raum / insgesamt verfügbarer Raum)
Lagerschwund ((Erfasste Lagerbestandskosten – Inventurkosten) / Erfasste Lagerbestandskosten)
Bestandsgenauigkeit ((Bestand nach Aufzeichnungen / physischer Inventur) * 100)
Umschlag des Lagerbestands
Kosten für Kommissionieren und Packen
Kosten der Rücksendungen
Produktivität bei der Kommissionierung (Auftragseinzelposten pro Stunde)
Verwendung von Verpackungsmaterialien
Auslastung der Ausrüstungsdocks
Kommissioniergenauigkeit (Gesamtaufträge – Rücksendungen aufgrund falscher Artikel) / (Gesamtaufträge)
Rücksendungsrate (zurückgegebene Einheiten / verkaufte Einheiten)
Zykluszeit für Kommissionieren und Packen (Reisezeit für Kommissionierer)
Versandkosten pro Einzelposten
Nachbestellungsrate (Nicht sofort ausgeführte Aufträge / Gesamtzahl der Aufträge)
Versandrampenauslastung
Versandgenauigkeit (% der fehlerfrei gelieferten Bestellungen)
Durchschnittliche Zeit bis zum Kunden (Vorlaufzeit, durchschnittliche Zeit bis zur Lieferung nach Auftragserteilung)
Qualitätskennzahlen werden bei jedem Schritt des Lagerhaltungsprozesses implementiert. Eine allgemeine Formel konzentriert sich auf die Ermittlung der Anzahl der korrekt bearbeiteten Artikel im Vergleich zu Gesamtanzahl der Artikel.
Tipps zum Schätzen von korrekt bearbeiteten Artikeln
Eine interessante Frage ist, wie der Lagermanager die Anzahl der korrekt bearbeiteten Artikel schätzen könnte. Die beiden möglichen Kontrollpunkte sind folgende:
Vorab: Es gibt kein Patentrezept für das richtige Lagerbestandsmanagement. Wesentlich ist, die für Sie wesentlichen Kriterien herauszuarbeiten. Darauf aufbauend lassen sich die passenden Kennzahlen erfassen und managen. Diese sind von Verderblichkeiten, Güterkosten und vielen weiteren Faktoren abhängig.
Wir helfen Ihnen gerne dabei, das für Sie richtige Konzept zu finden. Wir freuen uns auf Ihre E-Mail.